Das Unternehmen
Interview mit der Journalistin Frau Agnes Anna Jarosch
Die Erfolgsgeschichte von effizienz:
Vom Suchtberater zum Mentor für mentale Gesundheit am Arbeitsplatz
Wer mit Carola Riemann und Peter-Michael Trapp spricht, spürt schnell: Die beiden Effizienz-Gründer sind keine Theoretiker sondern wissen genau, worüber sie sprechen. Schließlich haben sie die direkten und indirekten Auswirkungen von Suchtkrankheiten am eigenen Leib erlebt. Über einen langen, kontinuierlichen Prozess haben beide ihren eigenen Weg zu einem gesunden und konstruktiven Lebensstil gefunden.
Motivation zur Veränderung
1998: Statt es sich auf der Sonnenseite des Lebens gemütlich zu machen, verspüren beide den Wunsch und die Pflicht, ihr Wissen und ihre Erfahrung mit anderen zu teilen. Noch immer sind zu viele Arbeitgeber, Lehrerinnen oder Führungskräfte ohnmächtig, wenn sie mit Suchtkrankheiten konfrontiert werden. Die meisten sehen weg. Einige wollen helfen, wissen jedoch nicht wie.
Carola Riemann und Peter-Michael Trapp beschließen, diese allgegenwärtige Ohnmacht durch Aufklärung zu bekämpfen. Beide wollen ihren Beitrag dazu leisten, um möglichst viele der traurigen Familienschicksale abzuwenden. Sie wollen Suchtkranke und Angehörige vor dem bewahren, was sie selbst einmal durchlebt haben. Das treibt sie an, mutig zu sein und ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten im Bereich der Suchtprävention zum Beruf zu machen.
Gründung mit Hindernissen
Es folgt eine spannende Zeit, in der Carola Riemann und Peter-Michael Trapp Neuland betreten, Grundlagen der Selbstständigkeit erlernen, einen Businessplan aufstellen und den Finanzbedarf festlegen, um in die Gründung zu gehen. „Wir waren relativ blauäugig“ gibt Trapp zu. „Der von uns errechnete Finanzbedarf lag bei 140.000 D-Mark, den wir als Existenzgründungsdarlehen beantragen wollten. Das Feedback, das wir bekamen, war immer das gleiche: " Tolle Idee, doch wir unterstützen Sie nicht. Zu Ihrem Vorhaben haben wir keine Erfahrungswerte. Wenn Sie stattdessen ein Restaurant oder eine Boutique aufmachen, können wir das Risiko kalkulieren.‘“
Letzte Hoffnung
Die Business-Idee scheint beendet, bevor sie überhaupt begonnen hat. Eine letzte Hoffnung ergibt sich durch die Hausbank, die den Kontakt zu einer Investitionsbank vermittelt. Überraschender Weise werden beide Gründer zusammen mit dem Vertreter ihrer Hausbank nach Düsseldorf zu einem persönlichen Gespräch eingeladen. Man möchte vor Ort entscheiden, wie groß das Risiko einer Fehlinvestition ist.
Trapp und Riemann wissen, dass dieser Termin weichenstellend für ihre Zukunft ist. Gemeinsam mit ihrem Hausbänker reisen sie nach Düsseldorf und treffen dort auf ein hochrangiges Gremium. Die anwesenden Vertreter, unter anderem aus den Wirtschafts- und Finanz-Ministerien, wirken kritisch, reserviert und ablehnend.
Doch Riemann und Trapp haben Glück: Im Gremium sitzt ein älterer Herr, der als Fürsprecher auftritt und seine schützende Hand über das Projekt hält. Er leistet den beiden Schützenhilfe und lächelt ihnen zu. Nach der Anhörung zieht sich das Gremium zur Entscheidungsfindung zurück. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis die Entscheidung verkündet wird: Riemann und Trapp erhalten das Darlehen! Peter-Michel Trapp ist sich sicher: „Das haben wir nur diesem älteren Herrn zu verdanken. Das war das erste Mal, dass eine derartige Anhörung stattgefunden hat. Unser Glück!“
Die ersten Aufträge in der externen Suchtberatung
1999 ist es endlich so weit. Nachdem die Finanzierung steht, beginnen die ersten Akquise-Aktionen. Starthilfe bekommen sie von ihrem Freund Jürgen Strüwer, der bereits Suchtberater ist. Er lädt die beiden ein, seine Arbeit kennen zu lernen. „Wieder hatten wir Glück“ sagt Carola Riemann. „Jürgen wollte uns unterstützen“. Er führt die beiden als Suchtberater bei der BKK und bei Industrieunternehmen ein und wird Vermittler der ersten Kunden, die externe Sucht- und Sozialarbeiter suchen. Eine Vermittlungsprovision will Jürgen Strüwer nicht. „Ihr braucht das Geld jetzt“ sagt er. „Aber vielleicht kommt irgendwann einmal der Tag, an dem ich in Not und auf Hilfe angewiesen bin.“
Dieser Moment soll kommen. Überraschend erfährt Jürgen Strüwer eines Tages von seinem Arzt, dass er nur noch wenige Monate zu leben hat. Riemann und Trapp setzen sich mit ihm zusammen und treffen gemeinsam die Abmachung, sein Geschäft zu übernehmen und seiner Familie zu helfen. Riemann und Trapp sind dankbar, für ihren einstigen Helfer ebenfalls eine Stütze zu sein.
Der Weg zum Schulungsanbieter und Ausbilder
Zwischenzeitlich haben beide ihr Psychotherapeuten-Studium bestanden, das sie parallel zur Selbstständigkeit angefangen haben. Sie entwickeln sich vom externen Sozialberater zum Ausbilder. Um den firmeninternen Bedarf an Suchtprävention dauerhaft zu decken, schult Effizienz Führungskräfte und bildet betriebliche Sucht- und Sozialberater aus, die im Unternehmen als Bindeglied zwischen interner Problematik und externer professioneller Hilfe sind.
Mittlerweile hat Effizienz 7 Mitarbeiter, die aus dem sozialpädagogischen und klinischen Bereich kommen. Alle Effizienz-Mitarbeiter wissen genau wie Riemann und Trapp, worüber sie sprechen: Sucht und psychische Erkrankungen haben sie entweder als Angehöriger oder Betroffener selbst erlebt.
Die positive Resonanz überrascht. „Gerade die mittelständischen Unternehmer stellen sich ihrer sozialen Verantwortung. Sie sind willig, suchtkranken Mitarbeitern zu helfen und die Ohnmacht bei Führungskräften und Kollegen zu beenden.“ sagt Riemann. „Erstaunlich ist, dass dabei häufig nicht die Kosten-Nutzen-Rechnung, sondern das Menschliche an erster Stelle steht. Nach dem Tenor: "Unser Mitarbeiter hat lange sehr gute Arbeit geleistet. Wir wollen ihm die Hand reichen und alles tun, was in unserer Macht steht, um ihm zu helfen.“ Dabei ist Suchtberatung durchaus auch wirtschaftlich sinnvoll. „Wir haben einen Faktor von 1 zu 4“ erklärt Trapp. „Für jeden Euro, den ein Unternehmen in die Suchtprävention steckt, spart es langfristig betrachtet 4 Euro.“
Erfolgsquote: 90%
„Unsere langjährigen Erfahrungen zeigen, dass die Unternehmen mit Suchtpräventionsprogrammen die besten Voraussetzungen haben, suchtkranken Arbeitnehmern zu helfen. Wenn Führungskräfte die richtigen Methoden anwenden, können 90% der Suchtkranken in ein normales Arbeitsleben zurückkehren“ erklärt Riemann.
Trapp ergänzt: „Der Arbeitgeber hat die größte Macht. Keine andere Institution kann Suchtbetroffene so konsequent zum Handeln motivieren und die Rahmenbedingungen für eine dauerhafte Verhaltensänderungen schaffen.“
Multiplikatoren: 80 ausgebildete Suchtsozialarbeiter
Mittlerweile hat Effizienz über 80 Sucht- und Sozialarbeiter ausgebildet. Das sind über 80 Multiplikatoren, die in deutschen Unternehmen Tag für Tag für einen suchtfreien Arbeitsalltag sorgen. Doch Carola Riemann und Michael Trapp wollen noch mehr. Sie geben sich nicht mehr damit zufrieden, Sucht zu bekämpfen sondern wollen dazu beitragen, die mentale, psychosoziale Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern und zu erhalten. Ihr Schulungs-Angebot haben sie deshalb längst um Schulungen zum Thema „Umgang mit psychisch belasteten oder erkrankten Mitarbeitern“ erweitert. Ihr Ziel ist es, noch einen Schritt eher anzusetzen.
Mentale Gesundheit am Arbeitsplatz
„Uns geht es um Prävention und Primärprävention“ erläutert Carola Riemann. „Dazu haben wir Seminarreihen und Coachings entwickelt, um in den Erhalt der psychischen Gesundheit von Menschen in Unternehmen zu investieren.“
Trapp ergänzt: „Diese Ziele geben uns Kraft. Zum Glück gibt es viele visionäre Unternehmer, die längst erkannt haben, dass psychisch stabile und gesunde Mitarbeiter das Fundament ihres Unternehmen sind.“ Carola Riemann und Peter-Michael sehen sich an. Beide freuen sich auf die bevorstehende Mission, die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz zu fördern und zu stärken.